Neuburg “Was heißt es überhaupt, stark zu sein?” Diese Frage stellt Gewaltpräventionstrainer Atila Dikilitas in den Raum. Am Ende der Stunde bringen die Schüler der 6. Klasse Stärke nicht mehr mit körperlicher Kraft, sondern mit Beherrschung in Verbindung. Das Anti-Aggressionstraining hat begonnen, im Bewusstsein der Schüler anzukommen.

Zum zweiten Mal findet die Präventionsmaßnahme an der Mittelschule in Neuburg statt. Durchgeführt wird sie von der Schulsozialarbeit des Caritas-Kreisverbandes unter der Leitung von Diplom-Heilpädagogen Markus Bach. “Letzte Woche haben wir mit dem ersten Teil der Erlebnispädagogik begonnen und setzen nun den zweiten Teil, das Anti-Aggressionstraining, drauf. Es ist etwas Besonderes, dass wir eine solche Maßnahme für die gesamte 6. und 7. Jahrgangsstufe sowie die Praxisklasse durchführen und finanzieren können”, freut sich Markus Bach. Unterstützt wird die Maßnahme vom Bundesfamilienministerium sowie dem Europäischen Sozialfonds “Stärken vor Ort” und der Stadt Neuburg.
Als erster Gewaltpräventionstrainer der Region 10 hat sich Atila Dikilitas zum Ziel gesetzt, den Schülern Handwerkszeug zum Umgang mit Provokationen an die Hand zu geben. Durch Entspannungsübungen und Rollenspiele sollen die Schüler lernen, höflich miteinander umzugehen, Provokationen zu ignorieren und selbst ein friedliches Klima zu erzeugen.

Zehn Schulklassen mit insgesamt 270 Schülern nehmen an der Maßnahme teil. Die sechste Klasse will immer beschäftigt werden. Ruhig im Kreis stehen zu bleiben, fällt einigen Schülern schwer. Bei Übungen wie herumlaufen, ohne andere zu berühren, oder den Partner abzuklatschen und “hey” dabei zu rufen, sind sie Feuer und Flamme.
“Bist du stark?”, fragt Dikitilas. “Reagierst du, wenn dich jemand beleidigt, mit Schlägen oder kannst du dich beherrschen?” Die Sechstklässler antworten entwaffnend ehrlich. Ein Junge sagt: “Es heißt, der Klügere gibt nach. Aber wenn mich jemand richtig beleidigt und Wörter zu mir sagt, habe ich mich nicht mehr unter Kontrolle.”
Dikitilas geht mit den Schülern in die Hocke und beginnt von einer Schlägerei in Ingolstadt zu erzählen. Ganz ruhig wird es im Klassenzimmer, als er von der Mutter des Angeklagten spricht, die bewusstlos zusammengebrochen ist, als ihren Sohn eine Haftstrafe von über vier Jahren erwartete.
Bevor die Sechstklässler wieder in den normalen Unterricht entlassen werden, gibt Dikilitas den Schülern eine Hausaufgabe: Sie sollen jeden Tag eine gute Tat begehen und zudem aufschreiben, was sie in der Stunde gelernt haben. Die Kinder antworten lautstark mit “Os”, japanisch für “ich habe verstanden” oder “ich habe vor Ihrer Anweisung Respekt”.
Nach den dreimal 90 Minuten Anti-Aggressionstraining und vier Stunden Erlebnispädagogik werden die Schüler mit einer Urkunde ausgezeichnet. Denn so dauerhaft wie das besondere Papier soll auch die Wirkung der Präventionsmaßnahme sein. (stos)

Klatschen gegen Aggression – weiter lesen auf Augsburger-Allgemeine: http://www.augsburger-allgemeine.de/neuburg/Klatschen-gegen-Aggression-id8585271.html