Ingolstadt (DK) Gewalt unter Schulkindern ist zweifellos ein altes Phänomen. Miteinander und Lernklima leiden darunter massiv. Die Grundschule an der Ungernederstraße hat beschlossen, dagegen vorzugehen und veranstaltete gestern ein Präventionstraining für Schüler der dritten Klassen.

Leiter des Programms ist Atila Dikilitas, der einzige lizenzierten Gewaltpräventionstrainer der Region. Er meint: “Kinder müssen lernen, sich bei Konflikten wehren zu können – aber ohne Gewalt.”
Vor allem die Grundschule an der Ungernederstaße hat eine besonders schwere Situation zu bewältigen: Gerade hier sind Konflikte und gewalttätige Auseinandersetzungen ein Alltagsproblem. Bei einem Migrationsanteil der Schüler von bis zu 90 Prozent haben verschiedene Faktoren einen Einfluss auf die Gewaltbereitschaft der Kinder. Andere Erziehungsideale, sozio-kulturelle Hintergründe, aber auch sprachliche Probleme und ein begrenzter Wortschatz können zu Schwierigkeiten im sozialen Umgang führen. “Gewalt fängt ja schon im Kleinen an”, erklärt Annette Kürzinger, Lehrerin und Mitorganisatorin des Präventionsprojekts der Schule, “zum Beispiel mit verbaler Gewalt oder beim Schubsen, wenn ich in der Umkleide nicht gleich an meine Jacke rankomme”.

Damit Kinder weder Opfer noch Täter werden, finanzierte der Bayerische Landes-Sportverband den Schülern zwei Trainingseinheiten mit der Oyakata-Kampfakademie von Atila Dikilitas.

“Einmal hat der Tuhan mit dem Kevin geschlägert, und dann hab ich gesagt, sie sollen aufhören”, meldet sich der kleine Dominik im Kurs zu Wort. Genau dies ist auch das Ziel. Auf spielerische Art und Weise lernten die Kinder Probleme kameradschaftlich zu lösen und sich auch in schwierigen Situationen unter Kontrolle zu haben. “Wir brauchen keine Schlagtechnik”, erklärt Dikilitas, “unsere Technik heißt Schmetterling, das heißt, wir machen sanfte Bewegungen und niemals eine Faust.”

Er betont jedoch, dass die Kinder selbst am wenigsten Schuld an ihrem Verhalten hätten: Familiäre Umstände und Erfahrungen im sozialen Umfeld lehrten sie das nicht anders. “Viele haben alleinerziehende Eltern und wachsen so gut wie alleine auf.” In Anlehnung an das Training mit dem Kampfsportmeister ist deswegen auch ein Elternabend geplant, bei dem mit verschiedenen Referenten wie dem Pfarrer der Gemeinde und einem Polizisten über das Thema Gewalt gesprochen und aufgeklärt wird. “Der häusliche Einfluss ist nämlich sehr groß”, weiß Annette Kürzinger, “und deswegen sollten wir mit den gleichen Strategien alle an einem Strang ziehen, um aus dem Teufelskreis rauszukommen.”

Die Präventionsveranstaltung kam bis jetzt sehr gut an, sowohl bei den Kindern und den Eltern als auch bei der Schulleitung. Schüler äußerten sogar den Wunsch, dass der Kampfkunstmeister sie öfter besuchen möge. “Das ist für die Kleinen ein Abenteuer”, erzählt Dikilitas, “das vergessen sie dann so schnell nicht, und wenn sie deswegen nur einem einzigen Streit aus dem Weg gehen, ist das für mich schon ein Erfolg.”

Von Paula Nowakowski

“Raus aus dem Teufelskreis” – Lesen Sie mehr auf:
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